Meine Lieben
Im Oktober 1968 hat in Perú das Militär den legitimen Präsidenten Belaunde durch einen Staatsstreich entmachtet und General Velasco hat seine Regierung als eine revolutionäre vorgestellt. Tatsächlich haben die Militärs danach viele Reformen durchgeführt (Landreform, Industriereform, Reformen im Erziehungswesen, Verstaatlichung vieler Unternehmen wie Erdölgewinnung, Post und Telephon, Gründung eigener staatlicher Unternehmen usw.).
Als ich in Perú meine Arbeit begann, befand sich das Land in einem spürbaren Umbruch. Es war eine Herausforderung auch für die Kirche, die zu all diesen Neuerungen ihre Meinung äussern musste. Auch in der Kirche gab es damals grosse Erneuerungen. Das Vatikanische Konzil hatte einiges in Bewegung gesetzt; dies vor allem in Südamerika, wo die kontinentale Bischofskonferenz die Beschlüsse des Konzils in die Tat umsetzte. Damals entstand hier in Südamerika auch eine neue Art über Gott zu reden, die Theologie der Befreiung, und eine neue pastorale Praxis mit einem Schwerpunkt auf Optionen für die Armen.
Auch heute ist wieder vieles im Umbruch. Zu Beginn des neuen Jahres machten wir uns in unserem Team deshalb auch Gedanken zur jetzigen Situation des Landes. Heute sind die Herausforderungen noch viel grösser als vor 40 Jahren. Die Globalisierung durchdringt die hintersten Winkel der Anden, wo man bis vor kurzem weder elektrischen Strom noch Strassen, noch Telephon, noch Fernsehen etc. kannte.
Es kommen täglich neue Angebote auf die Leute zu. Kauf das, kauf jenes, auch das und auch jenes musst du haben, um glücklich zu sein. Wenn wir z.B. in einer abgelegenen Siedlung die Eucharistie feiern, klingeln plötzlich Handys. Vor der Kapelle stehen dann oft bis zu zehn Motorräder oder modernste Geländefahrzeuge. Sehr viele Leute arbeiten in Goldminen und haben rasch viel Geld beisammen. Was machen mit so viel Geld?
Wir sind in Peru also auf dem Weg in eine Konsumgesellschaft. Für dieses Jahr haben wir im Team deshalb vorgesehen, den Leuten Kriterien anzubieten, damit sie bei all den Angeboten und Neuerungen mit kritischem Geist unterscheiden können, was gut und richtig ist und dass sie die möglichen positiven und negativen Auswirkungen ihrer Entscheide abwägen können, bevor sie handeln.
Vom Evangelium her werden wir auf die Werte des Reiches Gottes hinweisen: Gerechtigkeit, Friede, Solidarität mit den Armen, Einheit, Brüderlichkeit, Ehrlichkeit, Altruismus, Bereitschaft zum Dienen usw. Inmitten der Paradigmenwechsel wollen wir also wieder vermehrt auf Jesu Predigt hören und seiner Praxis folgen.
Da uns auch das leibliche Wohl der Gläubigen ein Anliegen ist, werden wir dieses Jahr ein neues Projekt angehen. Rund um den Arapa See werden viele Heilkräuter gepflanzt und auf den lokalen Märkten verkauft. Das neue Projekt sieht vor, die Heilkräuter zu Fertigprodukten zu verarbeiten. Wir möchten also Salben, Sirups, Pillen, Tee, Kapseln usw. auf den Markt bringen und dabei einen Mehrwert gewinnen. Dazu braucht es ein Laboratorium mit entsprechenden Einrichtungen, um die ätherischen Öle aus den Pflanzen zu gewinnen. Immer mehr Leute suchen Naturheilmittel. Wenn wir auch noch das Bio-Zertifikat bekommen, dann wäre das neue Projekt sicher ein Riesenerfolg und über hundert Familien könnten ihre Lebensqualität verbessern.
Ich danke Ihnen für Ihre Solidarität mit unsern Pfarreiangehörigen. Mit den Spenden des Windreedli-Batzens des vergangenen Jahres können wir einen grossen Teil des neuen Projekts finanzieren. Gerne werde ich Sie über den Verlauf des Projektes informieren.
Ihnen allen wünsche ich ein Frohes Osterfest und sende Ihnen herzliche Grüsse.
Markus Degen